Günter Anton

 

Über die Struktur und Entwicklung des Ido im Vergleich zum Esperanto

 

 

Die internationale Plansprache Ido entstand als Ergebnis der Arbeit der Delegation für die Annahme einer internationalen Hilfssprache (Delegation pour l´adoption d´un langue auxiliaire international), die anlässlich der Pariser Weltausstellung des Jahres 1900 gebildet worden war.

Der Delegation gehörten bedeutende Wissenschaftler an, wie der deutsche Chemiker und spätere Nobelpreisträger Prof. Wilhelm Ostwald, der dänische Sprachwissenschaftler Professor Otto Jespersen, weiter Baudouin de Courtenay, die Professoren Couturat und Leau sowie weitere Persönlichkeiten von Rang. Sie gehörten dem gewählten sechzehnköpfigen Komitee an, das mit der eigentlichen Arbeit betraut worden war..

Es war festgelegt worden, dass die internationale Sprache „keine der lebenden Sprachen sein solle und dass keine Garantie bestehe, dass die Delegation eine der bis dahin existierenden neuen oder schon bekannten künstlichen Sprachen, zum Beispiel Esperanto, annehmen werde.“ 1)

In siebenjähriger Arbeit wurden eine Reihe von Hilfssprachsystemen geprüft. Darunter befanden sich Volapük, Spokil, Langue bleu, Dilpok, Idiom Neutral, Novilatin, Esperanto sowie eine Reihe neuerer Projekte, und unter ihnen befand sich auch das Ido-Projekt. Es heißt dazu in dem Buch „Weltsprache und Wissenschaft“ 2): “Insbesondere Esperanto und Idiom Neutral waren durch persönliche Vertreter  dem Ausschuss vorgeführt und verteidigt worden.“

Das Komitee hatte Grundsätze erarbeitet, denen eine Hilfssprache entsprechen sollte. Dazu heißt es in dem genannten Werk: „Der einstimmig gefasste Beschluss lautete, dass keines der vorhandenen Systeme den Anforderungen Genüge leistete, die an die internationale Hilfssprache gestellt werden müssen, dass jedoch das in der Praxis verbreitete Esperanto auf Grund der bei den obigen Beratungen des Komitees festgestellten Grundsätze und unter Heranziehung des Ido-Projektes als Grundlage für die Ausarbeitung der Hilfssprache dienen soll.“

So lagen die Entwürfe der neuen Sprache bald in Gestalt von Grammatik und Wörterbüchern vor.

Wie Esperanto folgt Ido dem Grundsatz der größtmöglichen Internationalität, dass nämlich die  Wörter bzw. Wortstämme in den Wortschatz aufgenommen werden, die möglichst vielen Menschen in Europa  und in überseeischen Ländern ( in denen z.B. Englisch, Französisch, Spanisch oder Portugiesisch gesprochen wird) von ihrer Muttersprache her  bekannt sind. Das etwa  auf Grund der gemeinsamen indo-europäischen Herkunft oder aber  in Gestalt von Fremdwörtern oder Internationalismen. Dabei geht es nach der Formel DEFIRS, d.h. DEUTSCH, ENGLISCH, FRANZÖSISCH, ITALIENISCH, RUSSISCH, SPANISCH. Hierfür ein Beispiel:

D

E

F

I

R

S

ausarbeiten

to elaborate

èlaborer

elaborare

вырабатывать

elaborar

Elaborat

(Ausarbeitung)    

 

IDO: elaborar

 

 

(wyrabatywatch)

 

 

 

In diesem Fall weicht das Russische von den anderen fünf Vergleichssprachen ab.

 

Wir sind allerdings der Meinung, dass das Prinzip der größt möglichen Internationalität auf der Basis von DEFIRS im Ido besser durchgesetzt wurde als im Esperanto, weil in diesem durch das System der Wortableitung mit Hilfe von Prä- und Suffixen die ursprünglichen internationalen Wortstämme zum Teil nicht  mehr erkennbar sind. Das soll folgendes Beispiel demonstrieren.       

 

BEISPIEL:

san - sana (gesund) – sanulo-(der Gesunde)- malsanulo (der Kranke) – malsanulejo (Krankenhaus).

Wir meinen, dass so ein Kunstwort entstanden ist, dessen internationaler Kern nicht mehr zu erkennen ist. Ein Kritiker verglich diese Art der Wortbildung einmal mit einem Puzzlespiel.                            

 

Der Internationalität zuliebe würden die von „sana“ ausgehenden Formen im Ido so aussehen:

san – sana (gesund) – malada (krank) – sano (der Gesunde) – malado (der Kranke) – saneso  (die Gesundheit) – maladeso (Krankheit) – hospitalo (Krankenhaus) auch im Esp-o als Neuwort.

 

1) u.2) Siehe „Weltsprache und Wissenschaft“ S.33 sowie S.35/36 Kap. III von Richard Lorenz

 

Das Alphabet des Ido folgt wie das des Esperanto dem Prinzip:  „Ein Laut ein Buchstabe“. Allerdings stießen die Überzeichen des Esperanto, die auf keiner Schreibmaschine enthalten waren und in Druckereien erst hergestellt werden mussten, bei der Delegation auf Ablehnung. So hatte der Schöpfer des Esperanto, Dr. Zamenhof, faktisch ganz neue Buchstaben geschaffen, die in keiner Sprache gebräuchlich waren. Aus praktischen Gründen wie auch dem Prinzip größtmöglicher Internationalität entsprechend, wurden Laute durch Doppelbuchstaben bezeichnet, wie es auch in nationalen Sprachen wie zum Beispiel dem Englischen üblich ist. Das betrifft folgende Laute und ihre schriftliche Darstellung: ch bezeichnet die Lautverbindung tsch wie z.B. im Englischen (to check),

Esperanto „ ĉ“.                                                                                                    

sh  bezeichnet den Laut sch  (D z.B. in „schaffen“,  Engl.:  she, shirt usw.).

Weitere Abweichungen vom Esperanto wären: j  wie in Journal und y für das deutsche j (yaro – Jahr), qu  für die Verbindung kv (Esp-o  kvalito  D  Qualität), 

x  für ks, kz und gz im Esperanto (ekzisti – existieren). Wir meinen, dass die Ido-Formen leicht verständlich und einfach in der Anwendung sind. Jedenfalls werden keine Buchstaben bzw. Buchstabenverbindungen unterschiedlich gesprochen, und so ist das oben genannte Grundprinzip gewahrt.

Der Akzent im Ido liegt im Unterschied zum Esperanto im Infinitiv auf der letzten und sonst auf der vorletzten Silbe der Wörter ( amar, skribar, aber: me amas, skribas, libro, mashino, exameno usw.).   In kurzen Wörtern wie dio, truo oder pia wird der Vokal der Stammsilbe betont. Ich will mich aber hier nicht weiter mit dem Problem des Wortakzents beschäftigen, da ihm im Rahmen dieses Aufsatzes eine geringere Bedeutung zukommt.

 

Substantiv und Artikel

Im Bereich der Bildung  und Anwendung des Substantivs sowie des bestimmten Artikels gibt es ebenfalls einige Unterschiede zum Esperanto. So gibt es beim bestimmten Artikel zum Beispiel auch die Form le. Sie wird angewandt, wenn von mehreren zusammengehörenden oder gleichartigen Individuen oder Dingen die Rede ist ( le Neussner – die Neussners, Inter la diversa sorti di pomi me preferas le plu dolca – Unter den verschiedenen Apfelsorten bevorzuge ich die süßeren.).

Aus stilistischen Gründen vor allem wird das a des bestimmten Artikels oft weggelassen  ( la titulo dil romano, l´urbo London, la duro dil afero, ni promenis kun l´infanti).

 

Im Unterschied zum Esperanto wird im Ido der Plural des Substantivs nicht durch Anhängen von j an die Substantivendung o gebildet, vielmehr tritt an die Stelle des o ein i. Esp-o: domo – domoj, Ido: domo – domi, vorto – vorti. Diese Pluralbildung findet man im Italienischen wie auch in slawischen Sprachen, in Fremdwörtern selbst vereinzelt im Deutschen (Terminus – Termini). Im Esperanto bleibt faktisch die Endung des Singular in der Pluralform erhalten (libro – libroj). Eine gleiche Erscheinung kann man im Bereich der Pronomina feststellen ( tiu – tiuj : Demonstrativpronomen  der/jener – die/ jene, im Ido: ta – ti / jener – jene). Man kann die Bildungsweise des Esperanto aus logischen wie auch sprachästhetischen  Gründen ablehnen. 

 

Eigennamen werden im Ido grundsätzlich wie Fremdwörter behandelt, besonders Namen von Personen, und werden nicht verändert. Handelt es sich um Namen aus Sprachen, die nicht das lateinische Alphabet benutzen, so werden sie diesem angepasst.

 

Städtenamen wird nicht, wie im Esperanto üblich, die  Substantivendung o angehängt. Wir schreiben also nicht Londono, Pariso ober Berlino, sondern London, Paris, Berlin. Ido vermeidet auch eigene Bezeichnungen für Städtenamen, sondern behält die landesübliche Schreibweise bei (Esperanto z.B. Varsovio, Ido: Warszawa). Ländernamen enden meist auf a, so: Belgia, Germania, Italia. Allerdings gibt es Ausnahmen in Abhängigkeit vom Namen selbst. Beispiele: Unionita Stati di Amerika (USA), Finlando, Nov-Zelando, Maroko, Mozambik.

 

Um die Angehörigen der verschiedenen Staaten zu bezeichnen, wird das Suffix –ano benutzt, oft aber genügt das Anhängen von o an den Wortstamm: Anglia – Anglo, Francia – Franco, Italia – Italiano, Finlando – Finlandano, Norvegia – Norvegiano. Die entsprechenden Sprachen sind: la Angla, Franca, Italiana, Finlandana, Norvegiana. Alle Eigennamen werden groß geschrieben.

 

Das Geschlecht von Lebewesen wird bezeichnet, so das männliche durch das Suffix –ul, das im Esperanto für die Bezeichnung von Personen benutzt wird. So bezeichnet z.B. das Wort yuna jung (jung sein), yuno ist der junge Mensch, der Jugendliche geschlechtsneutral, yunulo der Jugendliche,

yunino die Jugendliche. Das Esperanto kennt nur junulo der Jugendliche und leitet davon ab junulino die Jugendliche. Die Jugend ist im Ido la yunaro, im Esperanto la junularo. Das Esperanto hat Schwierigkeiten mit der Bezeichnung des männlichen Geschlechts. So ist zum Beispiel koko der Gattungsnahme Huhn, vir-koko ist der Hahn und kokino die Henne. Im Ido ist die Bildungsweise einfacher: hano (Huhn), hanulo (Hahn), hanino (Henne). Dazu kommen die Verkleinerungsformen haneto, hanuleto, hanineto (Hühnchen, Hähnchen, kleine Henne/Hennchen).

Übrigens kann man auch die Angehörigen verschiedener Natione dem Geschlecht entsprechend bezeichnen: Anglo (Engländer schlechthin, Angehöriger der Nation), Anglulo (der Engländer männlichen Geschlechts, was allerdings selten gebraucht wird), Anglino (die Engländerin).

 

Das Adjektiv wird wie im Esperanto gebildet, dennoch gibt es Unterschiede in der Anwendung. Es wird zum Beispiel nicht dekliniert und auch nicht

(wie Esperanto) in den Plural gesetzt.

Beispiele:

Esperanto: Tio estas interesa libro. Mi legas interesan libron. Mi preferas interesajn librojn.

Ido          : Co esas interesiva libro. Me lektas interesiva libro. Me preferas interesiva libri.

Im Ido bleibt also das Adjektiv unverändert. Selbst wenn man durch Veränderung der Wortstellung das Objekt des Satzes besonders hervorheben will und ihm wie im Esperanto die Endung –n gibt, so hat das keine Auswirkung auf das Adjektiv: Interesiva librin me lektas tre rapide ( Interessante Bücher lese ich sehr schnell.).

In attributiver Stellung vor einem mit a anlautenden Substantiv läßt man oft die Endung a des Adjektivs weg (Me havas bona amiki. – Me havas bon amiki.

(Ich habe gute Freunde.).

Man hat im Ido die Freiheit, das Adjektiv entweder vor das Beziehungswort (Substantiv) zu stellen oder dahinter, wie man es (eventuell aus stilistischen Gründen oder aus nationaler Gewohnheit) mag. Für mehrere sich auf ein Substantiv beziehende Adjektive oder wenn dieses länger ist als das Beziehungswort, wird die Nachstellung in der Kompleta Gramatiko Detaloza direkt empfohlen.

Beispiele:

linguo internaciona, strukturo komplikita, homo inteligenta, erudita e tolerema. - eine internationale Sprache, komplizierte Struktur, ein intelligenter, gebildeter und 

toleranter Mensch.

 

Die Komparation des Adjektivs gleicht der des Esperanto, nur die Bezeichnungen unterscheiden sich:

Ido – plu kam,  tam kam,  min kam.      Esperanto -  pli ol,  tiel kiel,  malpli ol

Deutsch: mehr als,  so wie,  weniger als. Das Adjektiv bleibt auch in der Komparation unverändert.

 

Die Pronomen im Ido unterscheiden sich auch von denen des Esperanto. Überzeichen werden vermieden.

Personalpronomen (Subjektfall): me,  tu, (vu – Sie),  il,  el,  ol,  ni,  vi,  ili/li  (me lektas libro)

Im Objektfall (Akkusativ) bleiben die Pronomen unverändert. Sie stehen dann hinter dem Verb.

Ka tu vidas me?    Me salutas tu.    Me gratulis el. (transitiv)    Me skribis ad il. (Dativ)

Siehst du mich?    Ich grüße dich.  Ich gratulierte ihr.           Ich schrieb ihm.

Im Esperanto wird den Pronomen im Akkusativ das obligatorische –n beigefügt: Mi vidis lin.

Will man im Ido aus vielleicht poetischen Gründen das Pronomen als Objekt hervorheben, so bringt man es in Spitzenstellung (Tun me vidis... – Dich sah ich...), wobei der Akkusativ durch –n bezeichnet wird. Da man statt il, el, ol auch ilu, elu, olu als Langformen verwenden kann, würde man bei Hervorhebung etwa sagen: Ilun me nultempe elektus. – Ihn würde ich nie wählen.

 

Den Possessivpronomen wird wie im Esperanto ein a angehängt ( mea, tua ilua, elua, olua usw.). Wenn bekannt ist, auf wen oder was sich das Pronomen bezieht, genügt es statt ilua, elua, olua einfach lua zu sagen bzw. zu schreiben. Das klärt der Textzusammenhang. Weiterhin kann man Pluralformen bilden wie: la mei  (die meinigen) oder la tui (die deinigen), allerdings kann man dafür auch sagen: le mea, le tua usw..

 

Will man auf weitere Pronomen eingehen, so bietet sich hier unbedingt an, auf die Tabellenwörter des Esperanto einzugehen. Sie sind eine recht sinnreiche Erfindung Zamenhofs, allerdings auch etwas absolut Konstruiertes. Es ist nicht sicher, ob sie das Lernen erleichtern. Man muss sich erst einmal die Bedeutung der einzelnen Wortanfänge horizontal (i-  ki-  ti-   ĉi-  neni- ) sowie der Wortendungen vertikal ( -o  -u  -a  -e  -am  -el  -al  -om )  einprägen und dann die Wortbildung üben, um bei der sprachlichen Anwendung nicht durcheinander zu kommen, und schließlich ist das ganze ein künstliches Gebilde, wogegen man beim Ido international bekanntes Wortgut wiederfindet, was einem das Lernen erleichtert.

 

Die Demonstrativpronomen  im Ido sind ica, ico, ici (Plural) bzw. ca, co, ci  als Kurzformen zur Bezeichnung des näher liegenden. Sie entsprechen den deutschen Demonstrativa dieser, diese, dieses. Dazu kommen ita, ito, iti  - jene/r, jenes, jene (Plural) bzw. ta, to, ti als Kurzformen.

Beispiele für die Anwendung der Demonstrativa:

Me preferas ca pomi, ti ne esas dolca. -  bevorzuge diese Äpfel, jene sind nicht süß.

Ne komprez iti, ici esas plu dolca. – Kaufe nicht jene, diese sind süßer.

 

Die Relativpronomen  sind qua (welche, welcher, welches), qui (welche im Plural) und quo (was), das sich auf den gesamten vorangehenden Satz bezieht. Im Akkusativ erhält es die Endung –n.

Beispiele:

homo qua sempre dicas quon lu pensas  -  ein Mensch, der immer sagt, was er denkt

Propozi kun qui me ne povas konkordar – Vorschläge, mit denen ich nicht  übereinstimmen kann     

    

Das Reflexivpronomen su bezieht sich auf das Subjekt des Satzes zurück, ebenso das Possessivpronomen sua. Man muss sie im Gebrauch von lu und lua unterscheiden.

Beispiele:

Il lavas su.(Er wäscht sich.)  Il promenas kun sua filii e sua amiko (Er geht mit seinen Kindern und seinem Freund spazieren).

Aber: Il promenas kun sua amiko e lua filii. – Er geht mit seinem Freund und seinen (dessen G.A.) Kindern spazieren.

Beim zweiten Satz bezieht sich lua auf das Objekt des Satzes. Ido strebt Klarheit und Eindeutigkeit an.

                                                                                    

In Bezug auf  unbestimmte Pronomen und Adverbien bietet sich noch einmal ein Vergleich mit der  Tabelle der Pronomen, Pronominaladjektive und Pronominaladverbien des Esperanto an.

Wo möglich, nutzt Ido vor allem durch das Latein international bekannte Wortstämme.

Dazu Beispiele:

 

Esperanto

Ido

Deutsch

Esperanto

Ido

Deutsch

io

irgo

irgend etwas

kio

quo

was (Status quo

ĉio

omno

alles (Omnibus)

nenio

nulo

nichts (Null)

ĉiuj

omni

alle

ia

irga

irgend ein

ĉiam

sempre

immer

kiam

kande

wann

kia

quale

was für

kiel

quale

wie (Qualität)

kie

ube

wo (lat. ubi)

tie

ibe

dort (lat. ibi)

kiom

quanta

wieviel (Quantum)

 

 

 

                

Wo sich Beziehungen zu Wörtern (vor allem Fremdwörtern) im Deutschen herstellen lassen, wird das Erlernen von Wörtern wesentlich erleichtert. Hier sind die entsprechenden Tabellenwörter im Esperanto gegenüber ihren Entsprechungen im Ido im Nachteil.

Nach Ansicht des Verfassers ist auch die Deklination und Pluralbildung der Adjektive in attributivem Gebrauch vor Substantiven ein Nachteil des Esperanto, der die Handhabung der Sprache erschwert. Obgleich das auch im Deutschen üblich ist, hat es dem Verfasser immer Probleme bereitet. Das Englische zum Beispiel kommt ohne Veränderung der Adjektive aus, ohne dass es der Sprache zum Nachteil gereicht. Im Esperanto trägt das auch nicht zum Wohlklang der Sprache bei, obgleich das sicher eine Sache des persönlichen Geschmacks ist. Hier ein Vergleich Esperanto - Ido:

Esp-o: Dum la pasintaj dek jaroj mi vizitis diversajn landojn kaj trovis ĉiujn interesaj.

Ido   :  Dum la pasinta dek yari me vizitis diversa landi e trovis omni interesiva.

 

Das Verb endet im Ido im Infinitiv auf –ar . Das i als Infinitivendung des Esperanto wird im Ido zur Bildung des Plurals der Substantivformen benutzt. Die Bildung der Zeitformen erfolgt im Großen und Ganzen wie im Esperanto mit Hilfe der Endungen –as, -is, -os für Präsens, Präteritum und Futur und -  us für den Konditional. Zur Bildung zusammengesetzter Zeiten wird das Hilfsverb esar (sein) verwendet (Esperanto esti): Me laboras, laboris, laboros, laborus, me esas laboranta (ich arbeite gerade), me esas laborinta (ich habe gearbeitet), me esis laborinta (ich hatte gearbeitet) usw..

 

 

Im Unterschied zum Esperanto ermöglicht die Hilfsverbform esar im Ido eine zweite, verkürzte Möglichkeit zur Bildung der zusammengesetzten Zeiten im Passiv (das im übrigen wie im Esperanto gebildet wird): Me esas amata. – Ich werde geliebt. – Me amesas (amesis, amesos, amesus).

Eine Verkürzungsmöglichkeit gibt es auch im Aktiv mit Hilfe der Silbe –ab-, durch die man das    Hilfsverb einspart: Me esas aminta (esis, esos, esus aminta) – Me amabas (amabis, amabos, amabus).     

Auf diese Weise kann man verkürzt vollendete Handlungen oder Geschehnisse in den verschiedenen Zeitformen darstellen.

 

Der Imperativ, der im Esperanto auf u endet, endet im Ido auf –ez (Venez balde. – Komm bald.)

 

Zu den transitiven und intransitiven Verben ist folgendes zu sagen. Im Unterschied zu nationalen Sprachen (u.a. Deutsch) sind im Ido alle Verben transitiv, die eine Handlung bzw. einen Vorgang ausdrücken, die/der sich auf ein Objekt (Person oder Sache) bezieht, also auch Verben wie dankar, mokar, nocar, obediar und repugnar ( danken, spotten/verspotten, schaden, gehorchen, und  zuwider/ widerlich sein).

Intransitiv sind alle Verben, die kein direktes oder indirektes Objekt haben können, wie naskar, mortar, dormar (geboren werden, sterben, schlafen) und andere. Zudem gibt es Verben, die sowohl transitiv als auch intransitiv sein können (gemischte Verben). Transitiv sind sie mit Objektbezug, intransitiv ohne diesen. Beispiel:

Il turnas sua chapelo en la manui. –Er dreht seinen Hut in den Händen. (transitiv)

La tero turnas sur sua axo.- Die Erde dreht sich auf ihrer Achse.( intransitiv)

Mit Hilfe des Suffixes –ig kann man intransitiven Verben eine transitive Bedeutung geben, indem ich zum Ausdruck bringe, dass jemand veranlasst wird, etwas zu tun.

La mondo chanjas. (Die Welt ändert sich.). Aber: Li intencis chanjigar la mondo. (Sie beabsichtigten, die Welt zu verändern.).

 

Abgeleitete Adverbien  werden im Unterschied zum Esperanto grundsätzlich mit der Endung –e gebildet. So werden etwa aus den Adjektiven  bona, rapida, zeloza die Adverbien bone, rapide, zeloze.

Beispiele:

Il esas bona laboristo. (Er ist ein guter Arbeiter) Aber: Il laboras bone (Er arbeitet gut.)

desfacila tasko  (schwierige Aufgabe) – La tasko esas desfacile solvebla.( Die Aufgabe ist schwer zu lösen)

 

Im Esperanto können Adverbien außer auf –e auch auf  aŭ enden: ankaŭ (auch), almenaŭ (wenigstens), übrigens auch einige Präpositionen wie kontraŭ (gegen), anstataŭ (anstatt), Ido: kontre, vice. Ein Grund für diese Unregelmäßigkeit ist für den Verfasser dieses Aufsatzes nicht zu erkennen.

Im Esperanto werden Adverbien zusammen mit einem Hilfsverb auch als Prädikatsteil verwendet.

Beisp.: Estas necese helpi. (Es ist nötig zu helfen). Tio estas vere necese. (Das ist wirklich nötig)

Hier werden Adverbien als Prädikatsteil verwendet, wo in Nationalsprachen wie Deutsch und Englisch Adjektive verwendet werden. Im zweiten Beispiel bestimmt sogar ein Adverb ein Adverb näher, bzw. bekräftigt es. Hier die Sätze englisch: It is necessary to help. This is really necessary.

Offenbar hat Zamenhof hier eine grammatische Besonderheit seiner Muttersprache ins Esperanto eingeführt. Hier ist die Ido-Fassung der Sätze: Esas necesa helpar. - Co esas vere necesa.

 

Eine eingehende Analyse des Ido im Vergleich zu Esperanto wäre sicher nur in einem Buch oder einer Broschüre möglich. Ich will mich deshalb mit weiteren Wortarten nicht mehr beschäftigen. Es gibt eine ganze Reihe lexikalischer Unterschiede (zum Beispiel bei der Bildungsweise von Zahlwörtern), die hier aber nicht mehr Gegenstand der Erörterung sein können.

In Satzbau und Wortbildung gibt es wiederum Gemeinsamkeiten wie auch Unterschiede, besonders im Hinblick auf die Bildung des Plurals und des Akkusativs, worauf ich schon eingegangen bin.

 

Im Allgemeinen nutzt man im Ido die Satzgliedstellung, wie sie im Englischen üblich ist, nämlich die Satzgliedfolge Subjekt – Prädikat – Objekt – Adverbialbestimmungen (die aber auch in Spitzenstellung stehen können.  

Beispiele:

Me renkontris Tom recente in London.- Ich traf Tom kürzlich in London.

Me renkontris Tom in London ante du semani. - Ich traf Tom vor zwei Wochen in London.

Ante du semani me renkontris Tom en London.( Hervorhebung  der Zeit am Satzanfang )

Me lektis tua letro atencoze. – Ich las deinen Brief aufmerksam.

Lundie la muzeo esas klozita. – Montags ist das Museum geschlossen.

Ton me refuzas energioze. – Das lehne ich energisch ab.  (Objekt hervorgehoben)

 

Attribute können vor oder hinter dem Beziehungswort stehen, - eine Möglichkeit, die auch das Esperanto bietet. Ansonsten muss man sich bei der Satzgliedstellung nicht an ein starres Schema halten. Sie soll klar und übersichtlich sein und ein eindeutiges Verstehen der Aussagen ermöglichen.

Das trifft auch auf die Bildung und Anwendung zusammengesetzter Sätze zu, die sich von der des Esperanto nicht unterscheidet. Auch in Nebensätzen gilt die Satzgliedfolge Subjekt – Prädikat – Objekt – adverbiale Bestimmung nach dem Einleitungswort.

Beispiel:

Existas homi qua refuzas linguo konstruktita, quankam li ne konocas irga tala linguo.-  Es gibt Menschen, die eine konstruierte Sprache ablehnen, obgleich sie keine solche Sprache  kennen.

  

Wie in Nationalsprachen und auch im Esperanto haben Infinitiv- bzw. Partizipialkonstruktionen die Aufgabe, Nebensätze zu verkürzen und elegante Ausdrucksweisen zu ermöglichen.

Beispiele:

Il promisis, ke il helpus me morge. – Il promisis helpar me morge. - Er versprach, dass er mir morgen helfen würde. – Er versprach mir morgen zu helfen.

Kande ni arivis en la albergo, ni recevis nia chambro. – Arivinte en la albergo ni recevis nia chambro. -  Als wir in der Herberge ankamen, erhielten wir unser Zimmer – In der Herberge angekommen, erhielten wir unser Zimmer.

Im Unterschied zum Esperanto wird der nicht durch ein Fragepronomen oder Frageadverb eingeleitete Fragesatz durch das Wort „Kad“ eingeleitet. Dadurch wird ein Wort mit Überzeichen (ĉu) vermieden. Ist das Fragepronomen Objekt des Satzes, endet es auf –n                             

Beispiele:

Quo esas la verajo? (Was ist die Wahrheit?).  Quon tu dicis?  (Was sagtest du?)

 

Die Kommasetzung soll wie in anderen Sprachen die Sätze gliedern und die Aussagen verständlicher machen. Es herrscht kein strenger Zwang zur Kommasetzung da, wo es nicht zwingend notwendig ist. Man setzt es vor allem zwischen Teilsätzen, in Aufzählungen, bei Einschüben sowie Entgegenstellungen mit „ma“ (aber). So: Il mortis tre povra de pekunio, ma richa de vertui. - Er starb sehr arm an Geld, aber reich an Tugenden.

Relativsätze werden nur dann durch Komma abgetrennt, wenn sie nicht zum Verständnis des Beziehungswortes bzw. –satzes notwendig sind, sondern eine zusätzliche Information geben.

Der bestimmende Relativsatz ist eng mit dem Substantiv verbunden, nicht aber der erläuternde.

Beispiel:

Homo qua lektas jurnali devas ne kredar omno quon lu lektas. - Ein Mensch, der Zeitungen liest, soll nicht alles glauben, was er liest.

Aber:  Mea old amiko, qua kustumis dicar la verajo, cafoye ne audacis dicar ol. - Mein alter Freund, der gewohnt war, die Wahrheit zu sagen, wagte es diesmal nicht, sie zu sagen.

 

In der Silbentrennung herrscht im Ido eine große Freiheit. Allerdings soll man Buchstaben wie ch oder au / eu nicht trennen. Also: ma-shino, nicht ne-utro, sondern neu-tro.  

                                                                                       

Die Wortbildung durch Zusammensetzung und Ableitung erfolgt im Grunde im Ido wie in Nationalsprachen und im Esperanto. Die Ableitung neuer Wörter durch Prä- und Suffixe unterscheidet sich teilweise von der des Esperanto. Das ist einesteils dadurch begründet, dass man Bildungssilben mit den Überzeichen des Esperanto vermeiden musste, vor allem aber verfügt Ido über eine wesentlich größere Zahl von Affixen, was dem Streben nach Klarheit und Genauigkeit entspricht.              

So verfügt Ido über 17 Präfixe (Esp-o 10) und  39 Suffixe (Esp-o 34). Drei Suffixe kommen im Ido und Esperanto vor, haben aber in den beiden Sprachen eine ganz unterschiedliche Bedeutung. So zum Beispiel –er. Es bezeichnet im Esperanto kleinste Bestandteile, im Ido aber eine Person, die eine Tätigkeit gewohnheitsmäßig oder als Amateur ausübt (fumero, trinkero, fotografero). Auf die sehr unterschiedliche Anwendung des Suffixes –ul bin ich schon vorn eingegangen. Dazu käme noch –um, das im Esperanto oft im Sinne des Ido-Suffixes –iz benutzt wird. Neue Suffixe im Ido, die das Esperanto nicht enthält, sind: anti-, arki- (Erz- wie in Erzbischof), bi- (bisexuell), gala, mi- (halb),

par- (etwas ganz, bis zum Ende tun – parlektar), para- (parapluvo), pre- (wie deutsch prä-).

 

Ido enthält zwar nur fünf zusätzliche Suffixe im Vergleich zum Esperanto, dennoch sind nicht wenige anders als in jenem. Auf die Unterschiede im Bereich der Suffixe im Einzelnen einzugehen würde im Rahmen dieser Arbeit zu weit führen. Ein interessantes Beispiel wäre das Suffix –al. Es wird genutzt, um von Substantiven Adjektive abzuleiten: amiko (Freund) – amikala (freundschaftlich), kemio (Chemie) – kemiala (chemisch), historio – historiala. Die Silbe ist international im Gebrauch und  verleiht der Sprache eine gewisse Eleganz. Es lohnt hier ein Vergleich zwischen Esperanto und Ido. 

Esp-o: amikaj rilatoj, kemiaj produktoj, historiaj eventoj   Ido: amikala relati, kemiala produkti, historiala eventi.

 

Das Streben im Ido, durch zahlreiche Affixe den Ausdrucksreichtum der Sprache zu erhöhen, macht in Einzelfällen den Gebrauch der Sprache nicht einfacher. Manchmal muss man sehr überlegen, welches Suffix zu verwenden ist, so z.B. ob –aj oder –ur. Es heißt belajo (etwas Schönes), sendajo (Sendung mit der Post), aber pikturo (Gemälde) und imprimuro (Drucksache). Es gibt wohl nichts ohne Für und Wider.

 

Auf große Ablehnung bei den Idisten stoßen die sogenannten mal-Wörter des Esperanto. Sie haben gewiss zur Zeit der Entstehung des Esperanto eine praktische Bedeutung gehabt, haben sie doch das Vokabellernen in gewisser Weise erleichtert. Wir meinen, dass heute andere Voraussetzungen für das Sprachenlernen bestehen und es nicht mehr nötig ist, ein solches Mittel zur Rationalisierung zu nutzen, das sehr dazu beiträgt, die Sprache unnatürlich zu gestalten. Mir macht es selbst nichts aus, zu amiko das Gegenteil enemiko (Feind) zu lernen oder zu facila (leicht) desfacila (schwer), wobei hier auch durch ein Präfix das Gegenteil ausgedrückt wird. Allerdings handelt es sich um ein z.B. auch im Deutschen angewandtes Präfix, das man in desinteressiert oder desillusioniert und in anderen Wörtern findet.

 

Im Ido ging es also unter anderem auch darum, die vor allem im Verlauf der Wortbildung des Esperanto entstandenen sehr konstruierten und gekünstelten Wörter zumindest einzuschränken, denn auch im Ido entstehen durch den Gebrauch von Bildungssilben noch etwas künstliche Wortformen wie z.B. federuro,  diserturo  oder martelagar. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich Ido nicht weit genug von seinem Ausgangspunkt ESPERANTO entfernt hat, dass es sozusagen noch in seinen Schuhen geht und so keine wirkliche Alternative zu diesem darstellt. Vielleicht ist deshalb INTERLINGUA  zur Zeit recht erfolgreich und nicht wenige Idisten sind zu ihm übergegangen.

 

Ein wichtiges Grundprinzip sowohl des Ido als auch des Esperanto ist das der Neutralität. Neutral sind die planvoll geschaffenen Intersprachen, weil sie keinem Volk eigen sind. Dennoch scheinen für Menschen der sogenannten „dritten Welt“ die von Angehörigen der weißen Rasse geschaffenen Intersprachen Sprachen der Kolonialisten zu sein. Mir sind solche Meinungen jedenfalls bekannt geworden. Also könnte weltweit eine Intersprache um so neutraler sein, je künstlicher und den europäischen Sprachen unähnlicher sie ist. Davon kann man sich aber nicht leiten lassen, denn zur Weltkultur haben alle Völker in irgend einer Weise beigetragen, die moderne Welt wird aber wesentlich bestimmt durch die wissenschaftlich-technischen Leistungen, die von Europa und den USA ausgingen und die heute von asiatischen Ländern wie zum Beispiel Japan aufgenommen und, mit nationalen Traditionen verbunden, weiterentwickelt werden. Wir wollen die nationalen Sprachen nicht beseitigen, deshalb bringt mir eine Welthilfssprache mehr, wenn ich durch sie leichter Zugang zu anderen Sprachen Europas finde, als wenn ich ein künstliches Gebilde erlerne. Dabei bleibt die Intersprache neutral, weil sie keines Volkes Sprache ist und jeder sie erlernen muss. Allerdings ist Interlingua weniger neutral als Esperanto oder Ido, weil es zu eindeutig auf den romanischen Sprachen basiert.

 

 

Bemerkungen zur Entwicklung des Ido

Die von der Delegation angenommene Sprache war ein reformiertes Esperanto, von dem man hoffte, dass Dr. Zamenhof, der Schöpfer des Esperanto es akzeptieren würde, wozu er zunächst auch Hoffnung gegeben hatte. Deshalb hatte man sich mehr auf minimale Reformen beschränkt als auf maximale, wie sie von einigen Mitgliedern der Delegation gefordert wurden. Dennoch erkannte Zamenhof schließlich das Reformprojekt nicht als Esperanto an, so dass künftig neben diesem Ido als verbessertes Esperanto und als Konkurrent stand.

Bald  wurde die Forderung nach tiefer greifenden Veränderungen wieder lauter. Die Jahre von 1908 bis 1914, ja bis 1922 waren nach Henry Jacob Jahre des Studiums, der Prüfung und des Experimentierens hinsichtlich der Auswahl der Wortwurzeln und der Vergrößerung des Wortschatzes. Jacob schreibt in seiner Studie zur Geschichte unserer Sprache (1987), dass vielleicht hundert Personen, ja bis zu zweihundert, unter ihnen Mitglieder der Delegation, an den Beratungen teilnahmen. Zu den bedeutendsten von ihnen gehörten Ahlberg, Boudouin de Courtenay, de Guesnet, de Janko,  Janotta, Lorenz, Lusana, Peus, Pfaundler und andere.

Man begann sich mit wissenschaftlicher Nomenklatur zu beschäftigen. So entstanden Fachlexika für Mathematik, Biologie und Technik, so das Internaciona Radio-Lexiko von Feder-Nordin-Roos 1924.

 

Sechs Jahre nach dem Erscheinen des Ido zerstörte der erste Weltkrieg die Anfänge organisierten Arbeitens für Ido in vielen Ländern Europas. Dennoch gelang es 1921, in Wien den ersten Ido-Kongress zu organisieren. Neuer Eifer war entstanden, besonders in den Ländern, die unter dem Krieg gelitten hatten. Gleichzeitig stand Nationalismus, der sich auch sprachlich ausdrückte, dem Ringen um eine neutrale Hilfssprache entgegen, so dass mancher Anhänger den Mut verlor. Und schon 1914 hatte die junge Ido Bewegung mit dem Tode Prof. Couturats seine bedeutendste Persönlichkeit verloren.

Einige Verfechter der Welthilfssprache sahen die Ursache der Ablehnung einer konstruierten Sprache in der Sprache selbst. Sie proklamierten die Notwendigkeit größerer Natürlichkeit. Einige forderten, Ido weiter zu reformieren, andere neue Prinzipien für eine internationale Sprache. So Edgar de Wahl auf dem Ido-Kongress 1923 in Kassel. Er legte die Grundzüge dar, die er in seiner Sprache Occidental verwirklichte. Sein System fand Anhänger aus den Reihen der Idisten. Es begann die Spaltung in die autonomistische und naturalistische Schule und kam zu Auseinandersetzungen in der Ido-Bewegung und zur Spaltung zwischen den Anhängern von de Beaufront, Pesch, Noetzli und den Reformern.

 

Auf dem Ido-Kongress in Zürich 1928 begann man, die Ido-Bewegung im ursprünglichen Geist zu  reorganisieren, auch die ULI (Uniono por la Linguo Internaciona), und die Arbeit am Ido wurde fortgeführt. Immer war die Zeitschrift PROGRESO sprachlichen Diskussionen zur Vervollkommnung des Ido gewidmet. In der Zeitschrift wurden auch die Entscheidungen der Ido-Akademie veröffentlicht. Es ging wieder voran.

 

Anfang der dreißiger Jahre nahmen die Diskussionen wieder zu, Ido mehr in naturalistischer Richtung zu verändern. Eine neue Spaltung drohte, und eine ernsthafte Krise war da, während der Ido viele seiner wertvollsten Mitarbeiter verlor. 1934 wählte die Ido-Union eine neue Akademie und ein neues Komitee. Ich erwähne alle diese Vorgänge, weil sie die Entwicklung der Ido-Bewegung und die Ausbreitung des Ido bestimmten, ja in der Tat hemmten.

 

Die großen Wörterbücher des Ido erschienen größtenteils zwischen 1915 und 1924 und die „Kompleta Gramatiko Detaloza“ von Louis de Beaufront 1925.  1918 hatte die Ido-Akademie entschieden, dass eine zehnjährige Periode der  Stabilisierung der Sprache eintreten sollte, während der keine Änderungen an der Struktur der Sprache vorgenommen werden sollten. Dennoch kam es zu den genannten Diskussionen und zur Entstehung von Occidental, zu dem viele Idisten vor allem aus Österreich, der Schweiz und der Tschechoslowakei übergingen. Bewegung und Sprache litten sehr unter den Auseinandersetzungen, ob man Ido in naturalistischer Richtung hin weiter reformieren sollte. Dennoch wurde die Arbeit an der Sprache fortgesetzt, neue Wörter bzw. Wortwurzeln wurden eingeführt. Eine weitere Periode der Stabilisierung folgte von 1934 bis 1939.

 

Schließlich wirkten wieder internationale gesellschaftliche Geschehnisse wie die Machtergreifung  durch die Nationalsozialisten in Deutschland und die Herausbildung des Stalinismus in der damaligen Sowjetunion (später in weiteren Ländern) sowie der zweite Weltkrieg hemmend auf die Weiterentwicklung der Ido-Bewegung ein. Die Folgen waren Stagnation und Rückgang der Bewegung und damit der Verbreitung der Sprache. Alle diese geschichtlichen Ereignisse trafen die Ido-Bewegung wesentlich härter als die Esperanto-Bewegung, die gefestigt und auf Dauer stabil war.         

 

In den 50er Jahren wurden den Esperantisten in den damaligen sozialistischen Ländern wieder Möglichkeiten zur organisierten Tätigkeit gegeben, in der DDR dagegen erst Mitte der sechziger Jahre. Auch das war zum Nachteil des Ido. In der DDR waren die alten Idisten größtenteils gestorben, als man wieder freie Wirkungsmöglichkeiten bekam. Trotzdem versuchten nach dem zweiten Weltkrieg in vielen Ländern treue Idisten die Bewegung und die Sprache wieder voranzubringen.

 

Mit dem Aufkommen von Interlingua gingen wiederum Idisten zu diesem bisher erfolgreichsten naturalistischen System über, weil sie glaubten, je natürlicher eine Plansprache ist, um so erfolgreicher  wird sie sein. Dennoch halten Bestrebungen, Ido im Hinblick auf größere Natürlichkeit zu verbessern,  bis in die Gegenwart an. Durch die genannten Umstände ist die Zahl der Idisten  stark zurückgegangen. Dennoch geht ihre Arbeit  weiter. Die Leitung der ULI ist jetzt das Direktanta Komitato, dessen sprachlicher Sekretär sich mit Hilfe der sprachlichen Kommission speziell mit der weiteren Entwicklung des Ido, d.h. vor allem der Erweiterung des Wortschatzes befasst. Entscheidungen zu sprachlichen Fragen aber trifft allein das Direktanta Komitato. Dennoch werden in Ido-Zeitschriften sowie im Internet sprachliche Diskussionen geführt, wodurch alle interessierten Idisten Gelegenheit haben, sich an der Entwicklung des Ido durch Vorschläge und Anregungen zu beteiligen.

 

An Wörterbüchern größerer Art erschienen 1964 das DICIONARIO  DI LA 10 000 RADIKI  von Pesch sowie in den 80er Jahren  IDO – SCHWEDISCH  von Axel Rylander. Im Jahre 1988 erschien das Wörterbuch IDO-JAPONIANA-ESPERANTO  sowie das LEXIKO JAPONIANA –IDO. Erwähnenswert sind kleinere Wörterbücher wie Ido- Serbo_Kroatisch und Serbo-Kroatisch – Ido, das Lehrbuch des Ido in russischer Sprache von Aaronov 1969 sowie kleinere Ausgaben in Englisch und Niederländisch. Dazu kommen Nachdrucke vorhandener Werke. An literarischen Werken der jüngeren Zeit in Ido sind am bedeutendsten die von Andreas Juste, der in den achtziger und neunziger Jahren die bedeutendste schöpferische Persönlichkeit der Ido-Bewegung war. Er schrieb sehr gute poetische Werke sowie eine Anthologie des Ido. Seit über neunzig Jahren erscheint die offizielle Zeitschrift der Ido- Union PROGRESO, daneben einige weitere periodische Schriften.

 

Seit einer Reihe von Jahren ist Ido im Internet vertreten und hat viele neue Freunde und Anhänger gefunden. In den Internet-Gruppen von IDOLISTO, IDOSTAB sowie einer französischen und einer spanischen Liste werden eifrige Diskussionen in Ido geführt.

 

Man erhält im Internet Informationen

 

in Englisch                    :

http://users.aol.com/idolinguo

in Deutsch                    :

http://www/idolinguo.de

in Französisch              :

http://www.geocities.com/Rue/Paris/8009/idolinguo.htm

in Niederländisch         :

http://members.tripod.com/~avancigado

 

 

 

Verwendete Literatur:

Weltsprache und Wissenschaft, Jena 1913 (5 Aufsätze von Mitgliedern der „Delegation“)

Beaufront, Kompleta Gramatiko Detaloza di la Linguo Internaciona Ido, Luxemburg 1925

Henry Jacob, Kontributaji a la studio di la HISTORIO DI NIA LINGUO, 1987

Weiter Wörterbücher des Ido und Esperanto, Lehrbücher des Esperanto

 

Günter Anton

Präsident der Union für die Internationale Sprache Ido (Uniono por la Linguo Internaciona Ido)

Bernhard-Kellermann-Strasse 6k

DE-06366 Köthen/Anhalt

Deutschland

info@idolinguo.net

 

Köthen im Juni 2001

          

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