Die internationale Plansprache Ido entstand als
Ergebnis der Arbeit der Delegation für die Annahme einer internationalen
Hilfssprache (Delegation pour l´adoption d´un langue auxiliaire
international), die anlässlich der Pariser Weltausstellung des Jahres 1900
gebildet worden war.
Der Delegation gehörten bedeutende Wissenschaftler an, wie der deutsche Chemiker und spätere Nobelpreisträger Prof. Wilhelm Ostwald, der dänische Sprachwissenschaftler Professor Otto Jespersen, weiter Baudouin de Courtenay, die Professoren Couturat und Leau sowie weitere Persönlichkeiten von Rang. Sie gehörten dem gewählten sechzehnköpfigen Komitee an, das mit der eigentlichen Arbeit betraut worden war..
Es war festgelegt worden, dass die internationale
Sprache „keine der lebenden Sprachen sein solle und dass keine Garantie
bestehe, dass die Delegation eine der bis dahin existierenden neuen oder schon
bekannten künstlichen Sprachen, zum Beispiel Esperanto, annehmen werde.“ 1)
In
siebenjähriger Arbeit wurden eine Reihe von Hilfssprachsystemen geprüft.
Darunter befanden sich Volapük, Spokil, Langue bleu, Dilpok, Idiom Neutral, Novilatin,
Esperanto sowie eine Reihe neuerer Projekte, und unter ihnen befand sich auch
das Ido-Projekt. Es heißt dazu in dem Buch „Weltsprache und Wissenschaft“ 2):
“Insbesondere Esperanto und Idiom Neutral waren durch persönliche Vertreter dem Ausschuss vorgeführt und verteidigt
worden.“
Das
Komitee hatte Grundsätze erarbeitet, denen eine Hilfssprache entsprechen
sollte. Dazu heißt es in dem genannten Werk: „Der einstimmig gefasste Beschluss
lautete, dass keines der vorhandenen Systeme den Anforderungen Genüge leistete,
die an die internationale Hilfssprache gestellt werden müssen, dass jedoch das
in der Praxis verbreitete Esperanto auf Grund der bei den obigen Beratungen des
Komitees festgestellten Grundsätze und unter Heranziehung des Ido-Projektes als
Grundlage für die Ausarbeitung der Hilfssprache dienen soll.“
So
lagen die Entwürfe der neuen Sprache bald in Gestalt von Grammatik und
Wörterbüchern vor.
Wie
Esperanto folgt Ido dem Grundsatz der größtmöglichen Internationalität, dass
nämlich die Wörter bzw. Wortstämme in
den Wortschatz aufgenommen werden, die möglichst vielen Menschen in Europa und in überseeischen Ländern ( in denen z.B.
Englisch, Französisch, Spanisch oder Portugiesisch gesprochen wird) von ihrer
Muttersprache her bekannt sind. Das etwa auf Grund der gemeinsamen indo-europäischen
Herkunft oder aber in Gestalt von
Fremdwörtern oder Internationalismen. Dabei geht es nach der Formel DEFIRS,
d.h. DEUTSCH, ENGLISCH, FRANZÖSISCH, ITALIENISCH, RUSSISCH, SPANISCH. Hierfür
ein Beispiel:
D |
E |
F |
I |
R |
S |
ausarbeiten |
to elaborate |
èlaborer |
elaborare |
вырабатывать |
elaborar |
Elaborat (Ausarbeitung) |
IDO: elaborar |
|
|
(wyrabatywatch) |
|
In
diesem Fall weicht das Russische von den anderen fünf Vergleichssprachen ab.
Wir
sind allerdings der Meinung, dass das Prinzip der größt möglichen
Internationalität auf der Basis von DEFIRS im Ido besser durchgesetzt wurde als
im Esperanto, weil in diesem durch das System der Wortableitung mit Hilfe von
Prä- und Suffixen die ursprünglichen internationalen Wortstämme zum Teil
nicht mehr erkennbar sind. Das soll
folgendes Beispiel demonstrieren.
BEISPIEL:
san
- sana (gesund) – sanulo-(der Gesunde)- malsanulo (der Kranke) –
malsanulejo (Krankenhaus).
Wir
meinen, dass so ein Kunstwort entstanden ist, dessen internationaler Kern nicht
mehr zu erkennen ist. Ein Kritiker verglich diese Art der Wortbildung einmal mit
einem Puzzlespiel.
Der
Internationalität zuliebe würden die von „sana“ ausgehenden Formen im Ido so
aussehen:
san
– sana (gesund) – malada (krank) – sano (der Gesunde) – malado (der Kranke) –
saneso (die Gesundheit) – maladeso
(Krankheit) – hospitalo (Krankenhaus) auch im Esp-o als Neuwort.
1)
u.2) Siehe „Weltsprache und Wissenschaft“ S.33 sowie S.35/36 Kap. III von
Richard Lorenz
Das Alphabet des Ido folgt wie das des Esperanto dem
Prinzip: „Ein Laut ein Buchstabe“.
Allerdings stießen die Überzeichen des Esperanto, die auf keiner
Schreibmaschine enthalten waren und in Druckereien erst hergestellt werden
mussten, bei der Delegation auf Ablehnung. So hatte der Schöpfer des Esperanto,
Dr. Zamenhof, faktisch ganz neue Buchstaben geschaffen, die in keiner Sprache
gebräuchlich waren. Aus praktischen Gründen wie auch dem Prinzip größtmöglicher
Internationalität entsprechend, wurden Laute durch Doppelbuchstaben bezeichnet,
wie es auch in nationalen Sprachen wie zum Beispiel dem Englischen üblich ist.
Das betrifft folgende Laute und ihre schriftliche Darstellung: ch bezeichnet
die Lautverbindung tsch wie z.B. im Englischen (to check),
Esperanto „ ĉ“.
sh
bezeichnet den Laut sch (D z.B.
in „schaffen“, Engl.: she, shirt usw.).
Weitere Abweichungen vom Esperanto wären: j wie in Journal und y für das deutsche j
(yaro – Jahr), qu für die Verbindung kv
(Esp-o kvalito D
Qualität),
x für ks, kz
und gz im Esperanto (ekzisti – existieren). Wir meinen, dass die Ido-Formen
leicht verständlich und einfach in der Anwendung sind. Jedenfalls werden keine
Buchstaben bzw. Buchstabenverbindungen unterschiedlich gesprochen, und so ist
das oben genannte Grundprinzip gewahrt.
Der Akzent im Ido liegt im Unterschied zum Esperanto
im Infinitiv auf der letzten und sonst auf der vorletzten Silbe der Wörter ( amar,
skribar, aber: me amas, skribas, libro, mashino,
exameno usw.). In kurzen
Wörtern wie dio, truo oder pia wird der Vokal der
Stammsilbe betont. Ich will mich aber hier nicht weiter mit dem Problem des
Wortakzents beschäftigen, da ihm im Rahmen dieses Aufsatzes eine geringere
Bedeutung zukommt.
Eigennamen werden im Ido grundsätzlich wie
Fremdwörter behandelt, besonders Namen von Personen, und werden nicht
verändert. Handelt es sich um Namen aus Sprachen, die nicht das lateinische Alphabet benutzen, so werden sie diesem
angepasst.
Städtenamen wird nicht, wie im Esperanto üblich,
die Substantivendung o angehängt. Wir
schreiben also nicht Londono, Pariso ober Berlino, sondern London, Paris,
Berlin. Ido vermeidet auch eigene Bezeichnungen für Städtenamen, sondern behält
die landesübliche Schreibweise bei (Esperanto z.B. Varsovio, Ido: Warszawa).
Ländernamen enden meist auf a, so: Belgia, Germania, Italia. Allerdings gibt es
Ausnahmen in Abhängigkeit vom Namen selbst. Beispiele:
Unionita Stati di Amerika (USA), Finlando, Nov-Zelando, Maroko, Mozambik.
Um die Angehörigen der verschiedenen Staaten zu
bezeichnen, wird das Suffix –ano benutzt, oft aber genügt das Anhängen von o an
den Wortstamm: Anglia – Anglo, Francia – Franco, Italia – Italiano, Finlando –
Finlandano, Norvegia – Norvegiano. Die entsprechenden Sprachen sind: la Angla,
Franca, Italiana, Finlandana, Norvegiana. Alle Eigennamen werden groß
geschrieben.
Das Geschlecht von Lebewesen wird bezeichnet,
so das männliche durch das Suffix –ul, das im Esperanto für die Bezeichnung von
Personen benutzt wird. So bezeichnet z.B. das Wort yuna jung (jung
sein), yuno ist der junge Mensch, der Jugendliche geschlechtsneutral, yunulo
der Jugendliche,
yunino die Jugendliche. Das Esperanto kennt nur junulo
der Jugendliche und leitet davon ab junulino die Jugendliche. Die Jugend
ist im Ido la yunaro, im Esperanto la junularo. Das Esperanto
hat Schwierigkeiten mit der Bezeichnung des männlichen Geschlechts. So ist zum
Beispiel koko der Gattungsnahme Huhn, vir-koko ist der Hahn und kokino
die Henne. Im Ido ist die Bildungsweise einfacher: hano (Huhn), hanulo
(Hahn), hanino (Henne). Dazu kommen die Verkleinerungsformen
haneto, hanuleto, hanineto (Hühnchen, Hähnchen, kleine Henne/Hennchen).
Übrigens kann man auch die Angehörigen verschiedener
Natione dem Geschlecht entsprechend bezeichnen: Anglo (Engländer
schlechthin, Angehöriger der Nation), Anglulo (der Engländer männlichen
Geschlechts, was allerdings selten gebraucht wird), Anglino (die
Engländerin).
Das Adjektiv wird wie im Esperanto gebildet, dennoch gibt es
Unterschiede in der Anwendung. Es wird zum Beispiel nicht dekliniert und auch
nicht
(wie Esperanto) in den Plural gesetzt.
Beispiele:
Esperanto: Tio estas
interesa libro. Mi legas interesan libron. Mi preferas interesajn librojn.
Ido : Co esas interesiva libro. Me
lektas interesiva libro. Me preferas interesiva libri.
Im Ido bleibt also das
Adjektiv unverändert. Selbst wenn man durch Veränderung der Wortstellung das Objekt des
Satzes besonders hervorheben will und ihm wie im Esperanto die Endung –n gibt,
so hat das keine Auswirkung auf das Adjektiv: Interesiva librin me lektas tre
rapide ( Interessante Bücher lese ich sehr schnell.).
In attributiver Stellung vor einem mit a anlautenden
Substantiv läßt man oft die Endung a des Adjektivs weg (Me havas bona amiki. –
Me havas bon amiki.
(Ich habe gute Freunde.).
Man
hat im Ido die Freiheit, das Adjektiv entweder vor das Beziehungswort
(Substantiv) zu stellen oder dahinter, wie man es (eventuell aus stilistischen
Gründen oder aus nationaler Gewohnheit) mag. Für mehrere sich auf ein
Substantiv beziehende Adjektive oder wenn dieses länger ist als das
Beziehungswort, wird die Nachstellung in der Kompleta Gramatiko Detaloza direkt
empfohlen.
Beispiele:
linguo internaciona, strukturo komplikita, homo
inteligenta, erudita e tolerema. - eine internationale Sprache, komplizierte
Struktur, ein intelligenter, gebildeter und
toleranter Mensch.
Die Komparation des Adjektivs gleicht der des
Esperanto, nur die Bezeichnungen unterscheiden sich:
Ido – plu kam,
tam kam, min kam. Esperanto - pli ol,
tiel kiel, malpli ol
Deutsch: mehr als,
so wie, weniger als. Das
Adjektiv bleibt auch in der Komparation unverändert.
Die Pronomen im Ido unterscheiden sich auch von denen des
Esperanto. Überzeichen werden vermieden.
Personalpronomen (Subjektfall): me, tu, (vu – Sie), il, el,
ol, ni, vi,
ili/li (me lektas libro)
Im Objektfall (Akkusativ) bleiben die Pronomen
unverändert. Sie stehen dann hinter dem Verb.
Ka tu vidas me? Me salutas tu. Me gratulis el. (transitiv) Me skribis ad il. (Dativ)
Siehst du mich? Ich grüße dich.
Ich gratulierte ihr.
Ich schrieb ihm.
Im Esperanto wird den Pronomen im Akkusativ das
obligatorische –n beigefügt: Mi vidis lin.
Will man im Ido aus vielleicht poetischen Gründen
das Pronomen als Objekt hervorheben, so bringt man es in Spitzenstellung (Tun
me vidis... – Dich sah ich...), wobei der Akkusativ durch –n bezeichnet
wird. Da man statt il, el, ol auch ilu, elu, olu als Langformen verwenden kann,
würde man bei Hervorhebung etwa sagen: Ilun me nultempe elektus. – Ihn würde
ich nie wählen.
Den Possessivpronomen wird wie im Esperanto
ein a angehängt ( mea, tua ilua, elua, olua usw.). Wenn bekannt ist, auf wen
oder was sich das Pronomen bezieht, genügt es statt ilua, elua, olua einfach lua
zu sagen bzw. zu schreiben. Das klärt der Textzusammenhang. Weiterhin kann man
Pluralformen bilden wie: la mei (die
meinigen) oder la tui (die deinigen), allerdings kann man dafür auch sagen: le
mea, le tua usw..
Will man auf weitere Pronomen eingehen, so bietet
sich hier unbedingt an, auf die Tabellenwörter des Esperanto einzugehen.
Sie sind eine recht sinnreiche Erfindung Zamenhofs, allerdings auch etwas
absolut Konstruiertes. Es ist nicht sicher, ob sie das Lernen erleichtern. Man
muss sich erst einmal die Bedeutung der einzelnen Wortanfänge horizontal (i- ki-
ti- ĉi- neni- ) sowie der Wortendungen vertikal (
-o -u
-a -e -am -el -al
-om ) einprägen und dann die
Wortbildung üben, um bei der sprachlichen Anwendung nicht durcheinander zu
kommen, und schließlich ist das ganze ein künstliches Gebilde, wogegen man beim
Ido international bekanntes Wortgut wiederfindet, was einem das Lernen
erleichtert.
Die Demonstrativpronomen im Ido sind ica, ico, ici (Plural) bzw.
ca, co, ci als Kurzformen zur
Bezeichnung des näher liegenden. Sie entsprechen den deutschen Demonstrativa
dieser, diese, dieses. Dazu kommen ita, ito, iti - jene/r, jenes, jene (Plural) bzw. ta,
to, ti als Kurzformen.
Beispiele für die Anwendung der Demonstrativa:
Me preferas ca pomi, ti ne esas dolca. - bevorzuge diese Äpfel, jene sind nicht süß.
Ne komprez iti, ici esas plu dolca. – Kaufe nicht
jene, diese sind süßer.
Die Relativpronomen sind qua (welche, welcher, welches), qui
(welche im Plural) und quo (was), das sich auf den gesamten
vorangehenden Satz bezieht. Im Akkusativ erhält es die Endung –n.
Beispiele:
homo qua sempre dicas quon lu pensas -
ein Mensch, der immer sagt, was er denkt
Propozi kun qui me ne povas konkordar – Vorschläge,
mit denen ich nicht übereinstimmen
kann
Das Reflexivpronomen su bezieht sich auf das
Subjekt des Satzes zurück, ebenso das Possessivpronomen sua. Man muss
sie im Gebrauch von lu und lua unterscheiden.
Beispiele:
Il lavas su.(Er wäscht sich.) Il promenas kun sua filii e sua amiko (Er
geht mit seinen Kindern und seinem Freund spazieren).
Aber: Il promenas kun sua amiko e lua filii. – Er geht mit seinem Freund
und seinen (dessen G.A.) Kindern spazieren.
Beim zweiten Satz bezieht sich lua auf das Objekt
des Satzes. Ido strebt Klarheit und Eindeutigkeit an.
In Bezug auf unbestimmte Pronomen und Adverbien bietet sich noch einmal ein
Vergleich mit der Tabelle der Pronomen,
Pronominaladjektive und Pronominaladverbien des Esperanto an.
Wo möglich, nutzt Ido vor allem durch das Latein
international bekannte Wortstämme.
Dazu Beispiele:
Esperanto |
Ido |
Deutsch |
Esperanto |
Ido |
Deutsch |
io |
irgo |
irgend etwas |
kio |
quo |
was
(Status quo |
ĉio |
omno |
alles
(Omnibus) |
nenio |
nulo |
nichts
(Null) |
ĉiuj |
omni |
alle |
ia |
irga |
irgend ein |
ĉiam |
sempre |
immer |
kiam |
kande |
wann |
kia |
quale |
was für |
kiel |
quale |
wie (Qualität) |
kie |
ube |
wo (lat. ubi) |
tie |
ibe |
dort (lat. ibi) |
kiom |
quanta |
wieviel (Quantum) |
|
|
|
Wo sich Beziehungen zu Wörtern (vor allem
Fremdwörtern) im Deutschen herstellen lassen, wird das Erlernen von Wörtern
wesentlich erleichtert. Hier sind die entsprechenden Tabellenwörter im
Esperanto gegenüber ihren Entsprechungen im Ido im Nachteil.
Nach Ansicht des Verfassers ist auch die Deklination
und Pluralbildung der Adjektive in attributivem Gebrauch vor Substantiven ein
Nachteil des Esperanto, der die Handhabung der Sprache erschwert. Obgleich das
auch im Deutschen üblich ist, hat es dem Verfasser immer Probleme bereitet. Das
Englische zum Beispiel kommt ohne Veränderung der Adjektive aus, ohne dass es
der Sprache zum Nachteil gereicht. Im Esperanto trägt das auch nicht zum
Wohlklang der Sprache bei, obgleich das sicher eine Sache des persönlichen
Geschmacks ist. Hier ein Vergleich Esperanto - Ido:
Esp-o: Dum la pasintaj dek jaroj mi vizitis
diversajn landojn kaj trovis ĉiujn interesaj.
Ido :
Dum la pasinta dek yari me vizitis diversa landi e trovis omni
interesiva.
Das Verb endet im Ido im Infinitiv auf –ar . Das i
als Infinitivendung des Esperanto wird im Ido zur Bildung des Plurals der
Substantivformen benutzt. Die Bildung der Zeitformen erfolgt im Großen und
Ganzen wie im Esperanto mit Hilfe der Endungen –as, -is, -os für Präsens,
Präteritum und Futur und - us für den
Konditional. Zur Bildung zusammengesetzter Zeiten wird das Hilfsverb esar
(sein) verwendet (Esperanto esti): Me laboras, laboris, laboros,
laborus, me esas laboranta (ich arbeite gerade), me esas laborinta (ich habe
gearbeitet), me esis laborinta (ich hatte gearbeitet) usw..
Im Unterschied zum Esperanto ermöglicht die
Hilfsverbform esar im Ido eine zweite, verkürzte Möglichkeit zur Bildung der
zusammengesetzten Zeiten im Passiv (das im übrigen wie im Esperanto gebildet
wird): Me esas amata. – Ich werde geliebt. – Me amesas (amesis, amesos,
amesus).
Eine Verkürzungsmöglichkeit gibt es auch im Aktiv
mit Hilfe der Silbe –ab-, durch die man das Hilfsverb einspart: Me esas aminta (esis, esos, esus aminta) –
Me amabas (amabis, amabos, amabus).
Auf diese Weise kann man verkürzt vollendete
Handlungen oder Geschehnisse in den verschiedenen Zeitformen darstellen.
Der Imperativ, der im Esperanto auf u
endet, endet im Ido auf –ez (Venez balde. – Komm bald.)
Zu den transitiven und intransitiven Verben
ist folgendes zu sagen. Im Unterschied zu nationalen Sprachen (u.a. Deutsch)
sind im Ido alle Verben transitiv, die eine Handlung bzw. einen Vorgang
ausdrücken, die/der sich auf ein Objekt (Person oder Sache) bezieht, also auch
Verben wie dankar, mokar, nocar, obediar und repugnar ( danken,
spotten/verspotten, schaden, gehorchen, und
zuwider/ widerlich sein).
Intransitiv sind alle Verben, die kein direktes oder
indirektes Objekt haben können, wie naskar, mortar, dormar (geboren werden,
sterben, schlafen) und andere. Zudem gibt es Verben, die sowohl transitiv als
auch intransitiv sein können (gemischte Verben). Transitiv sind sie mit
Objektbezug, intransitiv ohne diesen. Beispiel:
Il turnas sua chapelo en la manui. –Er dreht seinen
Hut in den Händen. (transitiv)
La tero turnas sur sua axo.- Die Erde dreht sich auf
ihrer Achse.( intransitiv)
Mit Hilfe des Suffixes –ig kann man
intransitiven Verben eine transitive Bedeutung geben, indem ich zum Ausdruck
bringe, dass jemand veranlasst wird, etwas zu tun.
La mondo chanjas. (Die Welt ändert sich.).
Aber: Li intencis chanjigar la mondo. (Sie beabsichtigten, die Welt zu
verändern.).
Abgeleitete Adverbien werden im Unterschied zum Esperanto
grundsätzlich mit der Endung –e gebildet. So werden etwa aus den
Adjektiven bona, rapida, zeloza die Adverbien
bone, rapide, zeloze.
Beispiele:
Il esas bona laboristo. (Er ist ein guter Arbeiter)
Aber: Il laboras bone (Er arbeitet gut.)
desfacila tasko (schwierige Aufgabe) – La tasko esas
desfacile solvebla.( Die Aufgabe ist schwer zu lösen)
Im Esperanto können Adverbien außer auf –e auch
auf aŭ enden: ankaŭ (auch), almenaŭ
(wenigstens), übrigens auch einige Präpositionen wie kontraŭ (gegen), anstataŭ
(anstatt), Ido: kontre, vice. Ein Grund für diese Unregelmäßigkeit ist für den
Verfasser dieses Aufsatzes nicht zu erkennen.
Im Esperanto werden Adverbien zusammen mit einem
Hilfsverb auch als Prädikatsteil verwendet.
Beisp.: Estas necese
helpi. (Es ist
nötig zu helfen). Tio estas vere necese. (Das ist wirklich nötig)
Hier werden Adverbien als Prädikatsteil verwendet,
wo in Nationalsprachen wie Deutsch und Englisch Adjektive verwendet werden. Im
zweiten Beispiel bestimmt sogar ein Adverb ein Adverb näher, bzw. bekräftigt
es. Hier die Sätze englisch: It is necessary to help. This
is really necessary.
Offenbar hat Zamenhof hier eine grammatische
Besonderheit seiner Muttersprache ins Esperanto eingeführt. Hier ist die
Ido-Fassung der Sätze: Esas necesa helpar. - Co esas vere necesa.
Eine eingehende Analyse des Ido im Vergleich zu
Esperanto wäre sicher nur in einem Buch oder einer Broschüre möglich. Ich will
mich deshalb mit weiteren Wortarten nicht mehr beschäftigen. Es gibt eine ganze
Reihe lexikalischer Unterschiede (zum Beispiel bei der Bildungsweise von
Zahlwörtern), die hier aber nicht mehr Gegenstand der Erörterung sein können.
In Satzbau und Wortbildung gibt es wiederum
Gemeinsamkeiten wie auch Unterschiede, besonders im Hinblick auf die Bildung
des Plurals und des Akkusativs, worauf ich schon eingegangen bin.
Im Allgemeinen nutzt man im Ido die Satzgliedstellung,
wie sie im Englischen üblich ist, nämlich die Satzgliedfolge Subjekt –
Prädikat – Objekt – Adverbialbestimmungen (die aber auch in Spitzenstellung
stehen können.
Beispiele:
Me renkontris Tom recente in London.- Ich traf Tom
kürzlich in London.
Me renkontris Tom in London ante du semani. - Ich
traf Tom vor zwei Wochen in London.
Ante du semani me
renkontris Tom en London.( Hervorhebung der Zeit am
Satzanfang )
Me lektis tua letro atencoze. – Ich las deinen Brief
aufmerksam.
Lundie la muzeo esas klozita. – Montags ist das
Museum geschlossen.
Ton me refuzas energioze. – Das lehne ich energisch
ab. (Objekt hervorgehoben)
Attribute
können vor oder hinter dem Beziehungswort stehen, - eine Möglichkeit, die auch
das Esperanto bietet. Ansonsten muss man sich bei der Satzgliedstellung nicht
an ein starres Schema halten. Sie soll klar und übersichtlich sein und ein
eindeutiges Verstehen der Aussagen ermöglichen.
Das trifft auch auf die Bildung und Anwendung
zusammengesetzter Sätze zu, die sich von der des Esperanto nicht unterscheidet.
Auch in Nebensätzen gilt die Satzgliedfolge Subjekt – Prädikat – Objekt –
adverbiale Bestimmung nach dem Einleitungswort.
Beispiel:
Existas homi qua refuzas linguo konstruktita,
quankam li ne konocas irga tala linguo.-
Es gibt Menschen, die eine konstruierte Sprache ablehnen, obgleich sie
keine solche Sprache kennen.
Wie in Nationalsprachen und auch im Esperanto haben
Infinitiv- bzw. Partizipialkonstruktionen die Aufgabe, Nebensätze zu verkürzen
und elegante Ausdrucksweisen zu ermöglichen.
Beispiele:
Il promisis, ke il helpus me morge. – Il promisis
helpar me morge. - Er versprach, dass er mir morgen helfen würde. – Er
versprach mir morgen zu helfen.
Kande ni arivis en la albergo, ni recevis nia
chambro. – Arivinte en la albergo ni recevis nia chambro. - Als wir in der Herberge ankamen, erhielten
wir unser Zimmer – In der Herberge angekommen, erhielten wir unser Zimmer.
Im Unterschied zum Esperanto wird der nicht durch
ein Fragepronomen oder Frageadverb eingeleitete Fragesatz durch das Wort „Kad“
eingeleitet. Dadurch wird ein Wort mit Überzeichen (ĉu) vermieden. Ist das
Fragepronomen Objekt des Satzes, endet es auf –n
Beispiele:
Quo esas la verajo? (Was ist die
Wahrheit?). Quon tu
dicis? (Was sagtest du?)
Die Kommasetzung soll wie in anderen Sprachen
die Sätze gliedern und die Aussagen verständlicher machen. Es herrscht kein
strenger Zwang zur Kommasetzung da, wo es nicht zwingend notwendig ist. Man
setzt es vor allem zwischen Teilsätzen, in Aufzählungen, bei Einschüben sowie
Entgegenstellungen mit „ma“ (aber). So: Il mortis tre povra de pekunio, ma
richa de vertui. - Er starb sehr arm an Geld, aber reich an Tugenden.
Relativsätze werden nur dann durch Komma abgetrennt,
wenn sie nicht zum Verständnis des Beziehungswortes bzw. –satzes notwendig
sind, sondern eine zusätzliche Information geben.
Der bestimmende Relativsatz ist eng mit dem
Substantiv verbunden, nicht aber der erläuternde.
Beispiel:
Homo qua lektas jurnali devas ne kredar omno quon lu
lektas. - Ein Mensch, der Zeitungen liest, soll nicht alles glauben, was er
liest.
Aber: Mea old amiko, qua kustumis
dicar la verajo, cafoye ne audacis dicar ol. - Mein alter Freund, der gewohnt
war, die Wahrheit zu sagen, wagte es diesmal nicht, sie zu sagen.
In der Silbentrennung herrscht im Ido eine
große Freiheit. Allerdings soll man Buchstaben wie ch oder au / eu nicht
trennen. Also: ma-shino, nicht ne-utro, sondern neu-tro.
Die Wortbildung durch Zusammensetzung und
Ableitung erfolgt im Grunde im Ido wie in Nationalsprachen und im
Esperanto. Die Ableitung neuer Wörter durch Prä- und Suffixe unterscheidet
sich teilweise von der des Esperanto. Das ist einesteils dadurch begründet, dass
man Bildungssilben mit den Überzeichen des Esperanto vermeiden musste, vor
allem aber verfügt Ido über eine wesentlich größere Zahl von Affixen, was dem
Streben nach Klarheit und Genauigkeit entspricht.
So verfügt Ido über 17 Präfixe (Esp-o 10) und 39 Suffixe (Esp-o 34). Drei Suffixe kommen
im Ido und Esperanto vor, haben aber in den beiden Sprachen eine ganz
unterschiedliche Bedeutung. So zum Beispiel –er. Es bezeichnet im
Esperanto kleinste Bestandteile, im Ido aber eine Person, die eine Tätigkeit
gewohnheitsmäßig oder als Amateur ausübt (fumero, trinkero, fotografero). Auf
die sehr unterschiedliche Anwendung des Suffixes –ul bin ich schon vorn
eingegangen. Dazu käme noch –um, das im Esperanto oft im Sinne des
Ido-Suffixes –iz benutzt wird. Neue Suffixe im Ido, die das Esperanto nicht
enthält, sind: anti-, arki- (Erz- wie in Erzbischof), bi- (bisexuell), gala,
mi- (halb),
par- (etwas ganz, bis zum Ende tun – parlektar),
para- (parapluvo), pre- (wie deutsch prä-).
Ido enthält zwar nur fünf zusätzliche Suffixe im
Vergleich zum Esperanto, dennoch sind nicht wenige anders als in jenem. Auf die
Unterschiede im Bereich der Suffixe im Einzelnen einzugehen würde im Rahmen
dieser Arbeit zu weit führen. Ein interessantes Beispiel wäre das Suffix –al.
Es wird genutzt, um von Substantiven Adjektive abzuleiten: amiko (Freund) –
amikala (freundschaftlich), kemio (Chemie) – kemiala (chemisch), historio –
historiala. Die Silbe ist international im Gebrauch und verleiht der Sprache eine gewisse Eleganz. Es
lohnt hier ein Vergleich zwischen Esperanto und Ido.
Esp-o: amikaj rilatoj, kemiaj produktoj, historiaj
eventoj Ido: amikala relati,
kemiala produkti, historiala eventi.
Das Streben im Ido, durch zahlreiche Affixe den
Ausdrucksreichtum der Sprache zu erhöhen, macht in Einzelfällen den Gebrauch
der Sprache nicht einfacher. Manchmal muss man sehr überlegen, welches Suffix
zu verwenden ist, so z.B. ob –aj oder –ur. Es heißt belajo (etwas Schönes),
sendajo (Sendung mit der Post), aber pikturo (Gemälde) und imprimuro
(Drucksache). Es gibt wohl nichts ohne Für und Wider.
Auf große Ablehnung bei den Idisten stoßen die
sogenannten mal-Wörter des Esperanto. Sie haben gewiss zur Zeit der
Entstehung des Esperanto eine praktische Bedeutung gehabt, haben sie
doch das Vokabellernen in gewisser Weise erleichtert. Wir meinen, dass heute
andere Voraussetzungen für das Sprachenlernen bestehen und es nicht mehr nötig
ist, ein solches Mittel zur Rationalisierung zu nutzen, das sehr dazu beiträgt,
die Sprache unnatürlich zu gestalten. Mir macht es selbst nichts aus, zu amiko
das Gegenteil enemiko (Feind) zu lernen oder zu facila (leicht) desfacila
(schwer), wobei hier auch durch ein Präfix das Gegenteil ausgedrückt wird.
Allerdings handelt es sich um ein z.B. auch im Deutschen angewandtes Präfix,
das man in desinteressiert oder desillusioniert und in anderen
Wörtern findet.
Im Ido ging es also unter anderem auch darum, die
vor allem im Verlauf der Wortbildung des Esperanto entstandenen sehr
konstruierten und gekünstelten Wörter zumindest einzuschränken, denn auch im
Ido entstehen durch den Gebrauch von Bildungssilben noch etwas künstliche
Wortformen wie z.B. federuro,
diserturo oder martelagar.
Kritiker weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich Ido nicht weit genug
von seinem Ausgangspunkt ESPERANTO entfernt hat, dass es sozusagen noch in
seinen Schuhen geht und so keine wirkliche Alternative zu diesem darstellt.
Vielleicht ist deshalb INTERLINGUA zur
Zeit recht erfolgreich und nicht wenige Idisten sind zu ihm übergegangen.
Ein wichtiges Grundprinzip sowohl des Ido als auch
des Esperanto ist das der Neutralität. Neutral sind die planvoll geschaffenen
Intersprachen, weil sie keinem Volk eigen sind. Dennoch scheinen für Menschen
der sogenannten „dritten Welt“ die von Angehörigen der weißen Rasse
geschaffenen Intersprachen Sprachen der Kolonialisten zu sein. Mir sind solche
Meinungen jedenfalls bekannt geworden. Also könnte weltweit eine Intersprache
um so neutraler sein, je künstlicher und den europäischen Sprachen unähnlicher
sie ist. Davon kann man sich aber nicht leiten lassen, denn zur Weltkultur
haben alle Völker in irgend einer Weise beigetragen, die moderne Welt wird aber
wesentlich bestimmt durch die wissenschaftlich-technischen Leistungen, die von
Europa und den USA ausgingen und die heute von asiatischen Ländern wie zum
Beispiel Japan aufgenommen und, mit nationalen Traditionen verbunden,
weiterentwickelt werden. Wir wollen die nationalen Sprachen nicht beseitigen,
deshalb bringt mir eine Welthilfssprache mehr, wenn ich durch sie leichter
Zugang zu anderen Sprachen Europas finde, als wenn ich ein künstliches Gebilde
erlerne. Dabei bleibt die Intersprache neutral, weil sie keines Volkes Sprache
ist und jeder sie erlernen muss. Allerdings ist Interlingua weniger neutral als
Esperanto oder Ido, weil es zu eindeutig auf den romanischen Sprachen basiert.
Die von der Delegation angenommene Sprache war ein
reformiertes Esperanto, von dem man hoffte, dass Dr. Zamenhof, der Schöpfer des
Esperanto es akzeptieren würde, wozu er zunächst auch Hoffnung gegeben hatte.
Deshalb hatte man sich mehr auf minimale Reformen beschränkt als auf maximale,
wie sie von einigen Mitgliedern der Delegation gefordert wurden. Dennoch
erkannte Zamenhof schließlich das Reformprojekt nicht als Esperanto an, so dass
künftig neben diesem Ido als verbessertes Esperanto und als Konkurrent stand.
Bald wurde
die Forderung nach tiefer greifenden Veränderungen wieder lauter. Die Jahre von
1908 bis 1914, ja bis 1922 waren nach Henry Jacob Jahre des Studiums, der
Prüfung und des Experimentierens hinsichtlich der Auswahl der Wortwurzeln und
der Vergrößerung des Wortschatzes. Jacob schreibt in seiner Studie zur
Geschichte unserer Sprache (1987), dass vielleicht hundert Personen, ja bis zu
zweihundert, unter ihnen Mitglieder der Delegation, an den Beratungen
teilnahmen. Zu den bedeutendsten von ihnen gehörten Ahlberg, Boudouin de
Courtenay, de Guesnet, de Janko,
Janotta, Lorenz, Lusana, Peus, Pfaundler und andere.
Man begann sich mit wissenschaftlicher Nomenklatur
zu beschäftigen. So entstanden Fachlexika für Mathematik, Biologie und Technik,
so das Internaciona Radio-Lexiko von Feder-Nordin-Roos 1924.
Sechs Jahre nach dem Erscheinen des Ido zerstörte
der erste Weltkrieg die Anfänge organisierten Arbeitens für Ido in vielen
Ländern Europas. Dennoch gelang es 1921, in Wien den ersten Ido-Kongress zu
organisieren. Neuer Eifer war entstanden, besonders in den Ländern, die unter
dem Krieg gelitten hatten. Gleichzeitig stand Nationalismus, der sich auch
sprachlich ausdrückte, dem Ringen um eine neutrale Hilfssprache entgegen, so
dass mancher Anhänger den Mut verlor. Und schon 1914 hatte die junge Ido
Bewegung mit dem Tode Prof. Couturats seine bedeutendste Persönlichkeit verloren.
Einige Verfechter der Welthilfssprache sahen die
Ursache der Ablehnung einer konstruierten Sprache in der Sprache selbst. Sie
proklamierten die Notwendigkeit größerer Natürlichkeit. Einige forderten, Ido
weiter zu reformieren, andere neue Prinzipien für eine internationale Sprache.
So Edgar de Wahl auf dem Ido-Kongress 1923 in Kassel. Er legte die Grundzüge
dar, die er in seiner Sprache Occidental verwirklichte. Sein System fand
Anhänger aus den Reihen der Idisten. Es begann die Spaltung in die autonomistische
und naturalistische Schule und kam zu Auseinandersetzungen in der Ido-Bewegung
und zur Spaltung zwischen den Anhängern von de Beaufront, Pesch, Noetzli und
den Reformern.
Auf dem Ido-Kongress in Zürich 1928 begann man, die
Ido-Bewegung im ursprünglichen Geist zu
reorganisieren, auch die ULI (Uniono por la Linguo Internaciona), und
die Arbeit am Ido wurde fortgeführt. Immer war die Zeitschrift PROGRESO
sprachlichen Diskussionen zur Vervollkommnung des Ido gewidmet. In der
Zeitschrift wurden auch die Entscheidungen der Ido-Akademie veröffentlicht. Es
ging wieder voran.
Anfang der dreißiger Jahre nahmen die Diskussionen
wieder zu, Ido mehr in naturalistischer Richtung zu verändern. Eine neue
Spaltung drohte, und eine ernsthafte Krise war da, während der Ido viele seiner
wertvollsten Mitarbeiter verlor. 1934 wählte die Ido-Union eine neue Akademie
und ein neues Komitee. Ich erwähne alle diese Vorgänge, weil sie die
Entwicklung der Ido-Bewegung und die Ausbreitung des Ido bestimmten, ja in der
Tat hemmten.
Die großen Wörterbücher des Ido erschienen
größtenteils zwischen 1915 und 1924 und die „Kompleta Gramatiko Detaloza“ von
Louis de Beaufront 1925. 1918 hatte die
Ido-Akademie entschieden, dass eine zehnjährige Periode der Stabilisierung der Sprache eintreten sollte,
während der keine Änderungen an der Struktur der Sprache vorgenommen werden
sollten. Dennoch kam es zu den genannten Diskussionen und zur Entstehung von
Occidental, zu dem viele Idisten vor allem aus Österreich, der Schweiz und der
Tschechoslowakei übergingen. Bewegung und Sprache litten sehr unter den
Auseinandersetzungen, ob man Ido in naturalistischer Richtung hin weiter
reformieren sollte. Dennoch wurde die Arbeit an der Sprache fortgesetzt, neue
Wörter bzw. Wortwurzeln wurden eingeführt. Eine weitere Periode der
Stabilisierung folgte von 1934 bis 1939.
Schließlich wirkten wieder internationale
gesellschaftliche Geschehnisse wie die Machtergreifung durch die Nationalsozialisten in Deutschland
und die Herausbildung des Stalinismus in der damaligen Sowjetunion (später in
weiteren Ländern) sowie der zweite Weltkrieg hemmend auf die Weiterentwicklung
der Ido-Bewegung ein. Die Folgen waren Stagnation und Rückgang der Bewegung und
damit der Verbreitung der Sprache. Alle diese geschichtlichen Ereignisse trafen
die Ido-Bewegung wesentlich härter als die Esperanto-Bewegung, die gefestigt
und auf Dauer stabil war.
In den 50er Jahren wurden den Esperantisten in den
damaligen sozialistischen Ländern wieder Möglichkeiten zur organisierten
Tätigkeit gegeben, in der DDR dagegen erst Mitte der sechziger Jahre. Auch das
war zum Nachteil des Ido. In der DDR waren die alten Idisten größtenteils
gestorben, als man wieder freie Wirkungsmöglichkeiten bekam. Trotzdem
versuchten nach dem zweiten Weltkrieg in vielen Ländern treue Idisten die
Bewegung und die Sprache wieder voranzubringen.
Mit dem Aufkommen von Interlingua gingen wiederum
Idisten zu diesem bisher erfolgreichsten naturalistischen System über, weil sie
glaubten, je natürlicher eine Plansprache ist, um so erfolgreicher wird sie sein. Dennoch halten Bestrebungen,
Ido im Hinblick auf größere Natürlichkeit zu verbessern, bis in die Gegenwart an. Durch die genannten
Umstände ist die Zahl der Idisten stark
zurückgegangen. Dennoch geht ihre Arbeit
weiter. Die Leitung der ULI ist jetzt das Direktanta Komitato, dessen
sprachlicher Sekretär sich mit Hilfe der sprachlichen Kommission speziell mit
der weiteren Entwicklung des Ido, d.h. vor allem der Erweiterung des
Wortschatzes befasst. Entscheidungen zu sprachlichen Fragen aber trifft allein
das Direktanta Komitato. Dennoch werden in Ido-Zeitschriften sowie im Internet
sprachliche Diskussionen geführt, wodurch alle interessierten Idisten
Gelegenheit haben, sich an der Entwicklung des Ido durch Vorschläge und
Anregungen zu beteiligen.
An Wörterbüchern größerer Art erschienen 1964 das
DICIONARIO DI LA 10 000 RADIKI von Pesch sowie in den 80er Jahren IDO – SCHWEDISCH von Axel Rylander. Im Jahre 1988 erschien das Wörterbuch
IDO-JAPONIANA-ESPERANTO sowie das
LEXIKO JAPONIANA –IDO. Erwähnenswert sind kleinere Wörterbücher wie Ido-
Serbo_Kroatisch und Serbo-Kroatisch – Ido, das Lehrbuch des Ido in russischer
Sprache von Aaronov 1969 sowie kleinere Ausgaben in Englisch und
Niederländisch. Dazu kommen Nachdrucke vorhandener Werke. An literarischen
Werken der jüngeren Zeit in Ido sind am bedeutendsten die von Andreas Juste,
der in den achtziger und neunziger Jahren die bedeutendste schöpferische
Persönlichkeit der Ido-Bewegung war. Er schrieb sehr gute poetische Werke sowie
eine Anthologie des Ido. Seit über neunzig Jahren erscheint die offizielle
Zeitschrift der Ido- Union PROGRESO, daneben einige weitere periodische
Schriften.
Seit einer Reihe von Jahren ist Ido im Internet
vertreten und hat viele neue Freunde und Anhänger gefunden. In den
Internet-Gruppen von IDOLISTO, IDOSTAB sowie einer französischen und einer
spanischen Liste werden eifrige Diskussionen in Ido geführt.
Man erhält im Internet Informationen
in Englisch : |
|
in Deutsch : |
|
in Französisch : |
|
in Niederländisch
: |
Verwendete Literatur:
Weltsprache und Wissenschaft, Jena 1913 (5 Aufsätze
von Mitgliedern der „Delegation“)
Beaufront, Kompleta
Gramatiko Detaloza di la Linguo Internaciona Ido, Luxemburg 1925
Henry Jacob,
Kontributaji a la studio di la HISTORIO DI NIA LINGUO, 1987
Weiter Wörterbücher des Ido und Esperanto,
Lehrbücher des Esperanto
Präsident der Union für die Internationale Sprache
Ido (Uniono por la Linguo Internaciona Ido)
DE-06366 Köthen/Anhalt
Deutschland
Zur Homepage der
Deutschen Ido-Gesellschaft